Der VGH Mannheim hat den Klagen zweier pensionierter Lehrer auf Bezahlung sogenannter Bugwellenstunden stattgegeben, die – ergänzend zu ihrer normalen Besoldung – Anspruch auf Bezahlung der zusätzlich zu ihrem regulären Deputat gehaltenen Unterrichtsstunden gefordert hatten.
Grundsätzlich ist zur Abgeltung von Mehrleistungen dienstrechtlich ein Zeitausgleich vorzunehmen. Dieser kann im Schulbereich häufig nicht realisiert werden, so dass Lehrkräfte von Jahr zu Jahr nicht ausgeglichene Mehrleistungen wie eine „Bugwelle“ vor sich herschieben. Im Schuljahr 2016/17 hatten diese Bugwellenstunden nach Angaben des Landes Baden-Württemberg einen Umfang von 861 Deputaten bei den allgemein bildenden Gymnasien und von 1.835 Deputaten bei den Beruflichen Schulen erreicht.

Einer der Kläger war bis zum Eintritt in den Ruhestand zum Ende des Schuljahrs 2013/2014 Lehrer im Amt eines Oberstudienrates an einer Gewerbeschule. Seit dem Schuljahr 2005/2006 befand er sich in Altersteilzeit. Seine Unterrichtsverpflichtung betrug 12,5 Wochenstunden. Außerdem war er Mitglied des Bezirkspersonalrats Berufliche Schulen und erhielt hierfür Freistellungen in wechselndem Umfang. Der Kläger leistete über sein Regelstundenmaß hinaus Unterrichtsstunden. Er machte geltend, ein Zeitausgleich hierfür sei zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen. Seinen Antrag auf Vergütung lehnte das Land ab. „Bugwellenstunden“ seien auf Basis der Verwaltungsvorschrift „Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg, IV. Variabler Einsatz des Regelstundenmaßes“ entstanden und damit von vergütungsfähiger Mehrarbeit im Sinne des § 67 Abs. 3 LBG zu unterscheiden. Eine Vergütung von „Bugwellenstunden“ sei im Landesbesoldungsgesetz (LBesG) nicht vorgesehen, weshalb sie nach § 3 LBesG auch nicht gewährt werden könne (Berufungsverfahren 4 S 2029/17).

Der zweite Kläger stand als Lehrer Vollzeit im Landesdienst im Amt eines Studiendirektors. Im Schuljahr 2013/2014 erhielt er Anrechnungen auf sein Regelstundenmaß u.a. als Ausgleich für Mehrbelastung als Fachberater. Zum Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand – nach dessen Hinausschieben um ein Jahr – zum Ende des Schuljahrs 2013/2014 hatte er die angesammelten „Bugwellenstunden“ nicht vollständig abgebaut. Die von ihm beantragte Vergütung lehnte das Land ebenfalls ab (Berufungsverfahren 4 S 2069/17).

Das VG Freiburg hatte mit Urteilen vom 11.04.2017 und 27.06.2017 beide Klagen abgewiesen. Denn bei den „Bugwellenstunden“ handele es sich nicht um vergütungsfähige Mehrarbeit, die nach dem Landesbesoldungsgesetz gesondert bezahlt werde. Den Beamtinnen und Beamten im Schuldienst werde im rechtlichen Sinne nicht angesonnen, über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu leisten. Vielmehr gehe es nur um eine zeitweilige Veränderung des von ihnen konkret zu erbringenden Dienstes innerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit, die derzeit grundsätzlich 41 Stunden betrage.
Die Berufungen der Kläger hatten in vollem Umfang Erfolg. Der VGH Mannheim hat die Urteile des Verwaltungsgerichts geändert und das Land antragsgemäß verurteilt, an die Kläger 12.850,95 Euro (Verfahren 4 S 2029/17) bzw. 4.049,80 Euro (Verfahren 4 S 2069/17) zu zahlen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist die maßgebliche Regelung der Arbeitszeit für Lehrkräfte im Schuldienst die normativ festgelegte Stundenzahl der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung. Dementsprechend stellten Bugwellenstunden die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit überschreitende Mehrleistungen dar. Grundsätzlich seien solche Mehrleistungen durch entsprechende Dienstbefreiung auszugleichen und könnten nur in besoldungsrechtlich ausdrücklich geregelten Fällen finanziell vergütet werden. Zwar hätten das Verwaltungsgericht und das Land zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 65 LBesG für eine Mehrarbeitsvergütung nicht vorlägen, da die zusätzlichen Unterrichtsstunden keine aufgrund „zwingender dienstlicher Verhältnisse“ angeordnete Mehrarbeit i.S.d. § 67 Abs. 3 LBG seien. Die Bugwellenstunden seien jedoch vorgeleistete Arbeitszeit. Und hierfür könne ein finanzieller Ausgleich nach § 71 LBesG gewährt werden. Dessen Voraussetzungen seien hier auch gegeben. Denn die streitigen Bugwellenstunden seien Arbeitszeitguthaben aus einer langfristig angelegten, ungleichmäßigen Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit. In den vorliegenden Fällen hätten diese Guthaben wegen des Eintritts der Kläger in den Ruhestand nicht mehr im Wege der Dienstbefreiung ausgeglichen werden können. Den zeitlichen Ausgleich der Bugwellen rechtzeitig zu ermöglichen, obliege grundsätzlich dem beklagten Land. Im Falle der Kläger sei dieser jedoch weder durch bindende ministerielle Vorgaben noch in der Praxis des Regierungspräsidiums Freiburg sichergestellt gewesen. Vielmehr sei der Ausgleich im Regierungsbezirk Freiburg den Schulleitungen überlassen geblieben. Vor diesem Hintergrund gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger den fehlgeschlagenen Zeitausgleich selbst zu vertreten hätten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die Landesregierung mit Zustimmung des Landtags einen solchen Ausgleich für die Zukunft und auch rückwirkend für bereits angelaufene Bugwellenstunden etwa im Sinne eines „Bugwellenmodells“ regeln sollte. Dies gelte auch hinsichtlich für bisher zu Unrecht als Mehrarbeitsstunden behandelte Mehrleistungen.
Die Revision wurde jeweils nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann vom Land innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils durch Beschwerde zum BVerwG angefochten werden.

Quelle: Pressemitteilung des VGH Mannheim Nr. 16/2018 v. 07.06.2018