Düsseldorf, 23. Februar 2018 – Schüler an Grundschulen können nach neuem Erlass des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.02.2018 auch während der Betreuungszeiten des offenen Ganztags am Nachmittag an regelmäßigen außerschulischen Bildungsangeboten teilnehmen, ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgehen, Therapien wahrnehmen oder aufgrund von familiären Ereignissen freigestellt werden. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wer über Freistellungen entscheidet und ob Eltern einen Anspruch auf die gewünschten Freistellungen haben. Andererseits sollen die außerunterrichtlichen Angebote an Schulen gewahrt bleiben. Können Schulen den Fortbestand gewährleisten und gleichzeitig den Freistellungswünschen der Eltern nachkommen?

Gewünschte Freistellungen ihrer Kinder müssen Eltern im Vorfeld beantragen. Laut aktuellem Erlass sind Anträge rechtzeitig einzureichen, bei regelmäßig stattfindenden außerschulischen Bildungsangeboten möglichst vor den Sommerferien. Was unter außerschulischen Bildungsangeboten oder ehrenamtlichen Tätigkeiten zu verstehen ist, dürfte eindeutig sein, „familiäre Ereignisse“ hingegen bieten einen weiteren Ermessenspielraum. Darunter könnte sowohl der Geburtstag eines entfernten Verwandten oder auch der des Kindes selbst fallen. Schulen, Träger oder Kommunen müssen im Sinne des Erlasses über den Antrag entscheiden. Welche Personen entscheidungsbefugt sind, wird in dem Kooperationsvertrag jeder OGS festgelegt. Weiterhin heißt es in dem Erlass, dass Schulen, Träger und Kommunen unter Absprache mit den Eltern dafür sorgen, dass die Kontinuität der außerschulischen Angebote der Ganztagsschulen gewahrt bleibt und darauf zu achten ist, dass die dauerhafte und möglichst vollumfängliche Teilnahme an den Angeboten gewährleistet sei sowie Regel und Ausnahme deutlich unterscheidbar seien. Somit ist davon auszugehen, dass beispielsweise Anträge für außerschulische Aktivitäten mehrmals die Woche nicht genehmigt werden, da dann die regelmäßige Teilnahme an den Ganztagsangeboten vermutlich nicht mehr gegeben wäre. Unter Bezug auf den Verweis „Regel und Ausnahme“ in dem Erlass ist es fraglich, ob beispielsweise jeden Monat die Freistellung für ein familiäres Ereignis genehmigt wird.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die ordnungsgemäße Ermessensausübung bei der Genehmigungspraxis zu verweisen: Sollten Kinder für den Nachmittag freigestellt werden, weil sie Geburtstag haben, muss prinzipiell auch allen anderen Kindern ein Antrag aus diesem Grund genehmigt werden. Das Prinzip der Gleichbehandlung gilt auch, wenn sich herausstellt, dass beispielsweise eine andere Grundschule Anträge für bestimmte Aktivitäten genehmigt, die aber an der eigenen Schule abgelehnt werden. In diesem Fall können Eltern sich in ihrem Antrag auf eine Ungleichbehandlung berufen. Gegen die Ablehnung eines Freistellungsantrags kann normalerweise Widerspruch bei dem Entscheidungsträger eingelegt werden.

Bereits vor dem Erlass war in einer offenen Ganztagsschule im Primarbereich (§ 9 Absatz 3 SchulG) die Teilnahme an den außerunterrichtlichen Angeboten „in der Regel“ verpflichtend. Der neue Erlass wurde ins Leben gerufen, um Familien mehr Flexibilität und Rechtssicherheit zu bieten. Diese sollen und können Schulen aber nur in einem Rahmen gewährleisten, der den fortlaufenden OGS-Betrieb nicht beeinträchtigt und solange Kinder vollständig in die Ganztags-Angebote integriert sind. Ob die in dem Erlass aufgeführten Vorgaben ausreichend sind oder seitens des Ministeriums näher definiert werden müssen, wird sich in der Praxis zeigen.

 

Quelle:
BASS 11-02/12-63, RdErl. D. Ministeriums für Schule und Bildung v. 16.02.2018 – 325-3.04.02-142481

https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Ganztag/OGS.pdf