Das VG Mainz hat mit Urteil vom 5.12.2017 entschieden, dass ein Prüfling, der wegen einer schweren Erkrankung (hier Lungenembolie) von einer Prüfung zurücktreten will, den Rücktritt unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt geltend machen muss.

Die Klägerin, Studentin der Medizin, nahm am 15. und 16.03.2016 in dem für sie letzten Prüfungsversuch am schriftlichen Teil einer Prüfung teil. Am 01.04.2016 wurde sie wegen Luftnot notfallmäßig in ein Krankenhaus aufgenommen; dort wurden ihr eine Lungenembolie und eine Beinvenenthrombose diagnostiziert. Am 19.04.2016 erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass sie den Prüfungsversuch nicht bestanden habe und damit die Prüfung endgültig nicht mehr ablegen könne. Am 21.04.2016 machte die Klägerin bei dem Prüfungsamt ihren nachträglichen Rücktritt von der schriftlichen Prüfung geltend, mit der Begründung, sie habe bereits zwei Wochen vor der Prüfung körperliche Einschränkungen wie gehabt, die der später festgestellten Lungenembolie zuzurechnen seien. Im Zeitpunkt der Prüfung sei sie nicht in der Lage gewesen, auf eine derart schwere Erkrankung zu schließen und von der Prüfung zurückzutreten. Um an der Prüfung teilnehmen zu können, habe sie Schmerzmittel eingenommen. Das Prüfungsamt lehnte die Gewährung eines nachträglichen Prüfungsrücktritts ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, während der Prüfung prüfungsunfähig erkrankt gewesen zu sein; außerdem sei die Geltendmachung des Rücktritts nicht mehr rechtzeitig erfolgt.

Das VG Mainz hat die Klage auf Genehmigung des Prüfungsrücktritts ebenfalls abgewiesen.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Klägerin keinen wichtigen Grund für einen Rücktritt von der Prüfung geltend gemacht. Aus den Krankenhausberichten und einem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich nicht, dass die Klägerin bereits am 15./16.03.2016 prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei. Darüber hinaus habe sie den krankheitsbezogenen Rücktrittsgrund auch nicht unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt geltend gemacht. Aus Chancengleichheitsgründen müsse der krankheitsbedingte Rücktritt zu dem zumutbar frühestmöglichen Zeitpunkt erklärt werden. Dies gelte insbesondere bei einem Rücktritt nach Ablegen der Prüfung und erst Recht nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Die Klägerin habe sich selbst angesichts der Dauer und der Intensität der körperlichen Einschränkungen bereits vor der Prüfung um eine (ärztliche) Aufklärung ihrer Prüfungsfähigkeit bemühen müssen. Komme der Prüfling dieser ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht nach und nehme er an der Prüfung teil, sei es ihm verwehrt, sich im Nachhinein auf eine Leistungseinschränkung zu berufen. Die Klägerin könne sich aber auch nicht darauf berufen, dass sie im Prüfungszeitpunkt (Mitte März 2016) unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei, also gehindert gewesen sei, ihre Leistungseinschränkung überhaupt zu erkennen und entsprechend zu handeln. Auch dann gelte aus Chancengleichheitsgründen die Pflicht, die Prüfungsunfähigkeit unverzüglich nach deren Erkennen vorzubringen. Dem sei die Klägerin mit ihrer Rücktrittsmitteilung erst am 21.04.2016 jedoch nicht nachgekommen. Es sei ihr angesichts ihrer Angaben zumutbar gewesen, dem Prüfungsamt bereits nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 06.04.2016 den krankheitsbedingten Rücktritt anzuzeigen. Auch wenn der Gesundheitszustand der Klägerin unmittelbar nach dem Krankenhausaufenthalt noch beeinträchtigt gewesen sein sollte, hätte sie mit einer Mitteilung an das Prüfungsamt jedenfalls nicht bis zum 21.04.2016 zuwarten dürfen.

Quelle: Pressemitteilung des VG Mainz Nr. 13/2017 v. 11.12.2017