Laut Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8.12.2016 muss die Stadt Stuttgart die angefallenen Mehrkosten für eine private Kindertagesstätte erstatten, weil sie dem Kläger keinen städtischen Betreuungsplatz anbieten konnte. Seit August 2013 besteht ein Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in einer Kindertagespflege, für Kinder vom Ende des ersten bis Ende des dritten Lebensjahrs (§ 24 Abs. 2 SGB VIII).

Die Eltern des mittlerweile vierjährigen Klägers hatten diesen circa zwei Monate nach seiner Geburt für einen Kita-Platz ab dem 1. Lebensjahr angemeldet. Da die Stadt Stuttgart dem Kind keinen Platz zur Verfügung stellen konnte, brachten die Eltern ihn ab Januar 2013 für knapp zwei Jahre in einer privaten Tagesstätte unter. Die zusätzlichen Kosten von über 5.620 Euro ab dem Zeitpunkt des Rechtsanspruches machten sie gegenüber der Stadt Stuttgart gerichtlich geltend. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass die Stadt diese Kosten zu tragen hat. Als Begründung wurde angeführt, dass – auch wenn Eltern auf eigene Initiative eine private Betreuung nutzen – nicht die Anspruchsberechtigung entfällt. Auch wenn die Stadt private Einrichtungen finanziell unterstützt und somit indirekt dazu beiträgt, dass Kita-Plätze von diesen angeboten werden, wird sie nicht von ihrer Verpflichtung entbunden, den öffentlichen Rechtsanspruch zu erfüllen.

Wenn die Kosten für eine Betreuung in einer privaten Kita, die einer öffentlichen übersteigen, ist die anfallende Differenz einklagbar.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 8.12.2016, Az.: 12 S 1782/15

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart, https://bit.ly/2h51p53

Zu einem ähnlichen Urteil kam bereits das Verwaltungsgericht Koblenz am 1.09.2016 hinsichtlich der Klage über zusätzliche Kosten zur Unterbringen von Kindern in einem Waldorfkindergarten in Mainz.

§ 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII:
Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.

§ 36a Abs.3 Satz 1 SGB VIII:
Werden Hilfen…vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
1. der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3. die Deckung des Bedarfs
a) bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b) bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.