Momentan herrscht in vielen Kindertagesstätten Personalmangel. Der Gesetzgeber schreibt in § 28 Abs. 1 der Verordnung zu den Grundsätzen über die Qualifikation und den Personalschlüssel den Personalschlüssel für die Betreuung in Kindertagesstätten vor. Diesen können viele Kitas mit dem aktuellen Personal und den vereinbarten Betreuungszeiten nicht mehr erfüllen. Als Konsequenz daraus passen die Einrichtungen ihre Betreuungszeiten an und reduzieren die Betreuungsstunden. Aufgrund der aktuellen Presseberichte und der erhöhten Unsicherheit bei den Eltern und Erziehungsberechtigten wollen wir einen kurzen Überblick über die rechtlichen Folgen und Möglichkeiten der betroffenen Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten geben:

Grundsätzlich handelt es sich bei den zwischen den Einrichtungen und den Eltern geschlossenen Betreuungsverträgen um Dienstverträge gemäß § 611 BGB. Daraus ergeben sich für beide Seiten Rechte und Pflichten. Auf der einen Seite muss die Einrichtung u.a. die Betreuung im vereinbarten Umfang erbringen und im Gegenzug zahlen die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten Personen Beiträge für die Betreuung im Kindergarten.

Die vertragsgemäße Betreuung ist den Einrichtungen allerdings aufgrund des Personalmangels und des rechtlich vorgegebenen Personalschlüssels unmöglich geworden. Infolgedessen müssen sie den Umfang des Betreuungsangebotes einschränken. Durch diese Reduzierung des Betreuungsumfangs erfüllt die Einrichtung folglich nicht mehr ihre vertragliche vereinbarte Pflicht. Aus dieser Pflichtverletzung können sich für die Eltern unterschiedliche rechtliche Folgen ergeben.

Zum einen besteht die Möglichkeit der Forderung von Schadensersatz. Hierbei ist zu unterscheiden, ob zum Beispiel Verdienstausfall für die Zeit, in der die Erziehungsberechtigten sich aufgrund der mangelhaften Betreuung selbst um die Kinder kümmern müssen und nicht ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können, gefordert wird. Der Schadensersatzanspruch kann sich aber im Einzelfall auch auf die Rückzahlung der gesamten Gebühren seit Beginn der Betreuung in Anrechnung der bereits erbrachten Leistung und Essen beziehen. Ein solcher „großer“ Schadensersatz ist möglich, wenn kein Interesse mehr an der Leistung besteht.

Zum anderen besteht auch die Möglichkeit den Vertrag fristgerecht oder fristlos aus wichtigem Grund zu kündigen oder vom Vertrag zurückzutreten, wenn die reduzierte Betreuung nicht mehr von Interesse für die Erziehungsberechtigten ist. Ebenso kann das Ergebnis der Vertragsauflösung auch über das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage erzielt werden. Hier ist allerdings zu beachten, dass eine Anpassung, z.B. in Form der Minderung der Zahlung der Eltern, vorrangig ist und erst, wenn dies nicht möglich oder zumutbar ist, ein Sonderkündigungsrecht entsteht.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, was mit der Pflicht der Erziehungsberechtigten zur Zahlung der Beiträge passiert. Dieser Gegenanspruch entfällt nach den Regelungen über einen wirksamen Rücktritt in dem Umfang, in dem die vereinbarte Betreuung nicht mehr erfüllt wird. Bei den reduzierten Betreuungsstunden aufgrund von Personalmangel könnte es sich um Sonderschließzeiten handeln, bei denen nicht die vertraglich vereinbarten Betreuungsstunden zu zahlen sind.

Außerdem ist zu beachten, dass bei einer wirksamen Kündigung oder einem sonstigen einvernehmlichen Lösen vom Vertrag kein Betreuungsvertrag mehr besteht. Dadurch erwächst der Anspruch gegen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen aus § 24 Abs. 2, 3 SGB VIII wieder. Geklärt werden muss, ob auch bei weiterem Bestand des bisherigen Betreuungsvertrages ein Anspruch auf Unterbringung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege für die Zeit besteht, in denen die vertraglich vereinbarte Betreuung nicht angeboten wird.

Zusammenfassend ergeben sich aufgrund der Reduzierung der Betreuungsstunden zahlreiche rechtliche Möglichkeiten für die betroffenen Eltern und Erziehungsberechtigten. Eine allgemeine Beantwortung der Frage nach den rechtlichen Folgen einer solchen Kürzung und den darauf resultierenden Ansprüchen der Erziehungsberechtigten kann hier nicht vorgenommen werden. Es muss im Einzelfall geprüft werden, wie die Verträge rechtlich ausgestaltet sind und welche Rechte und Pflichten sich hieraus ergeben können und ob sämtliche Voraussetzungen im Einzelfall auch vorliegen.